Vaginismus und unsere moderne Zeit

Immer wieder einmal sitze ich einer sehr jungen Frau gegenüber, Vaginismus, als Diagnose bringt sie schon mit. Die Geschichte, die ich dann höre ähnelt den Geschichten, die ich immer wieder höre.

Was ist Vaginismus?

Dazu ist wichtig zu wissen, die Vagina (Scheide) ist ein Hohlmuskel-Gebilde, ausgekleidet mit einer Schleimhaut. Die Vagina stellt einen Körpereingang dar, ähnlich dem Mund. Den Mund – das ist uns allen klar, kann ich schließen.

Gerne verwende ich auch ein ganz anderes Beispiel: eine Muschel im Meer – eine störende Einwirkung, z.B. ein etwas neugieriger Fisch – und die Muschel verschließt sich blitzschnell. Sie schützt sich . . . Ist die Gefahr vorüber, öffnet sie sich langsam wieder.

Durch all die viele “Aufklärung” der Jugendzeitschriften ist vor allem eines für junge Frauen angekommen: “Wenn du es nicht machst, macht es eine andere!” oder schlimmer: “- gehörst du nicht dazu!”

Zugehörigkeit – das ist unser stärkstes Grundbedürfnis! Wir sind soziale Wesen, mehr noch, wir sind angelegt zu einer lebensbegleitenden Partnerschaft! Zumindest seit die romantische Einehe uns vor dieses Thema stellt – “Ja!” – für alle Zeit!

Was ist da ein kleiner Schmerz – eh normal beim ersten Mal . . .

. . . oder auch beim zweiten Mal . . .

Eine fatale Entwicklung beginnt. “Es” gehört irgendwie dazu. Dauert ja nicht lange. Dann ist “es” überstanden . . .

An der Stelle frage ich meist, wie bewusst ist Ihnen Ihr Frau-Sein, Ihr Körpergefühl, Ihre – ja, Ihre Bedingungen jemanden einzulassen?

Da “es” einfach so dazugehört, ist gar nicht relevant, ob Frau Lust hat, wirklich Lust hat. Das aber ist nur eine der Voraussetzungen . . .

Die eigene Lust, die eigene wirkliche Bereitschaft den Liebsten einzulassen, wird erschreckend häufig seinem drängenden Wunsch untergeordnet. Schon in der Ausdrucksweise wird es deutlich: “Es geht ja.” Na, es war nicht schlimm” – Was hat das alles mit der Zahnbehandlung und dem sirrenden Geräusch zu tun? Ist das Lust, Liebe, Freude am körperlichen Zusammensein?

Wenn Ihr Verlangen so stark geworden ist, Sie in völliger Wolllust schwelgen, ihm fast drohen: “Ich hole dich, wenn du nicht gleich zu mir kommst!” – frühestens dann ist eine der wichtigen Voraussetzungen erfüllt.

Erst jetzt ist die Vagina nicht nur feucht, sondern auch bereit, also geöffnet für die intimste Begegnung. Ist der Zeitpunkt zu früh, besteht die Gefahr – ähnlich der oben beschriebenen Muschel – dass sich die Muskeln blitzartig zusammenziehen, sich die Vagina verschließt. Männliches drängen bereitet jetzt Schmerz! Lässt die junge Frau dieses öfters über sich ergehen – wem soll die Vagina vertrauen – bleibt sie verschlossen!

Jetzt beginnt die eigentliche Tortur “Vaginismus”: Monatshygiene oder die gynäkologischen Untersuchungen werden zum Debakel . . . Die Vagina scheint in absolutes Misstrauen gefallen und abgespalten zu sein. Eine “körperinterne Vertrauenskrise”!

Ein Weg: Frauen kennen Beckenbodentraining meist vom hörensagen, als Rückbildungsgymnastik nach der Geburt. Dass Beckenbodentraining weit mehr ist – das Körperbewusstsein gerade im Beckenraum – dem Kraftzentrum unseres Körpers ermöglicht, ist wenig bekannt.

Nehmen wir das Beispiel Gesang, Stimme, freie Rede: Der Körper ist der Resonanzkörper für den Klang, den unsere Stimme erzeugt. Piepsige Stimmen, kehliger Ton, eine schwächelnde Stimmlage hat meist damit zu tun, dass diese Person – Mann oder Frau – versucht mit der Kehle allein den Ton zu erzeugen.
Die Stimme in den Brustraum, in den Bauchraum – bis ins Becken herunter schwingen und klingen zu lassen – wird jetzt deutlich, weshalb die Chorleiter so seltsame Übungen machen lassen?
Nehmen wir die Schauspieler der Burgfestspiele – haben Sie sich schon einmal gefragt, weshalb deren Stimme eine dermaßen Kraft hat?
Freie Rede vor Publikum – was hat die Selbstsicherheit des Redners mit seinem / ihrem Beckenboden (dem Kraftzentrum!) zu tun?

Der aufrechte Gang, ein selbstbewusstes Auftreten – wir sind noch lange nicht beim Thema des Artikels aber immer noch beim Beckenbodentraining.

Ein gesunder Beckenboden und ein gesundes Selbstbewusstsein sind ein und dasselbe.

Die Vaginismustherapie bedient sich des Beckenbodentrainings um diesen bisher autonom agierenden Bereich (geschlossen, verkrampft, hyperempfindlich, schmerzend) wieder zu erschließen. Durch die feinen Muskelstränge im Beckenboden gibt es eine Brücke zur Vagina – liegt doch in ihnen der Muttermund als eigene Einheit eingebettet. Wahrnehmung geschieht auch ganz allgemein über unsere Muskulatur.
(eine einfache Übung: zählen Sie ihre Zehen, wenn Sie diese kurz bewegen, werden Sie sie viel besser wahrnehmen!)

Es geht um das Körpervertrauen ganz ähnlich einem Sportler, der durch seinen Sport verletzt mehrere Wochen ausgefallen war. Jetzt gilt es wieder zu trainieren – sich wieder in die Leistungsfähigkeit selbst vertrauen zu lernen . . .

Beckenbodentraining* gibt es in unserer Praxis info(at)Berger200.de(bitte anfragen, Termin vereinbaren), als Kompaktkurs in Frankfurt,
als Übungsabende in Ihrer Region:
z.B. in Wölfersheim-Wetterau,  Butzbach-Wetterau, Leipzig
oder auch als Kurzurlaub in Palma de Mallorca . . .
* dickere Schrift = Vaginismustraining

Die Botschaft all dieser Angebote: Körperlust ist für uns alle möglich! Gehen Sie es an!